Presse-2020-07-16

16.07.2020     Text von Sabine Klement und Caroline Zöller

Eine Reise: Mit der Tür durch die Kunst

Türen erfüllen als Ein- und Ausgang menschlicher Behausungen eine Schlüsselfunktion. Sie schützten vor rauer Witterung und feindlichen Eindringlingen, schaffen einen privaten Raum für Intimität und Entspannung und ermöglichen lebenswichtige Sicherheit für den Menschen samt allem, was ihm lieb und teuer ist. Die ‚Tür an sich‘ ist daher ein Objekt mit hoher Symbolkraft und hat es deshalb auch in der Bildenden Kunst als Motiv zu einiger Bedeutung gebracht.

Wer sich in seinem beruflichen Alltag praktisch mit Entwurf, Herstellung, Verkauf und als Handwerker oder Architekt mit Funktionalität, Planung und Montage von Türen beschäftigt, denkt an Passform, Schließeigenschaft, Lebensdauer, Qualität, Produktvielfalt, Modernität und Design. Künstler stellen Türen – von bewusst realistischen Darstellungen etwa in der Architekturfotografie abgesehen – meist jenseits all ihrer funktionellen Eigenschaften dar. Auf vielfältige Weisen kann eine Tür einladen, Räume zu betreten. Sie ist der Zugang zur Vergangenheit – dort oft zum Unbewussten und manchmal zu einem Geheimnis – oder Tor zu Neuem, zu einem Aufbruch mit all seinen Risiken und Chancen, sie eröffnet vielleicht den Weg zu unbekannten Universen oder sogar ins Jenseits.

Das Abbild einer Tür ist in der Kunst deshalb oft eine Aufforderung zu träumen, die Gedanken schweifen zu lassen und Grenzen zu überschreiten – auch die eigenen!

Von der Antike bis zur Moderne

Erste Abbildungen von Türen, sog. ‚Scheintüren‘, finden sich bereits in antiken Grabkammern ägyptischer Pharaonen. Sie sollten ihnen den rechten Weg ins Jenseits weisen. Mit Beginn der Moderne im späten 19. Jahrhundert sind Türen in der Malerei des sog. Symbolismus ein Sinnbild für den Zugang zu allem, was übersinnlich und unerklärlich erscheint: extreme Gefühle, Träume und Ekstasen, aber auch Krankheit, Tod und Sünde – zentrale Themen der Kunstströmungen dieser Zeit, die die bis dahin dominierenden realistischen, am Materiellen und Äußerlichen haftende Darstellungsweisen überwinden wollten. An dieses Anliegen knüpfte Anfang des 20. Jahrhunderts dann auch in Kunst und Literatur der Surrealismus an – ‚surreal‘ bedeutet traumhaft oder unwirklich und Türen erhielten als Symbol in der Malerei jener Zeit eine wichtige Bedeutung.

Surrealistischen Künstlern ging es um Bewusstseinserweiterung und Infragestellung traditioneller Werte. Die Art, wie die Wirklichkeit wahrgenommen und interpretiert wurde, wurde mit radikal ungewöhnlichen Bildkompositionen hinterfragt. Dazu passte das Abbild der Tür als Tor zu einer höheren Realität perfekt. Diese Symbolik hat besonders den bekannten belgischen Surrealisten René Magritte zu zahlreichen ausdrucksstarken Werken mit Abbildungen von Türen inspiriert. Er entführt den Betrachter auf eine Gedankenreise mit dem Ziel eines neuen, erweiterten Bewusstseins für die Wirklichkeit.

Türen in der zeitgenössischen Kunst – zum Beispiel Fabian Hochscheid

Der Kölner Maler Fabian Hochscheid vereint in seinen Werken die Liebe zur äußerst detailgetreuen malerischen Tradition von Renaissance und Barock mit der modernen künstlerischen Fragestellung nach dem tieferen, ‚wahren‘ Wesen der Dinge. In seinen Bildern auf Holz und Leinwand widmet er sich in altmeisterlicher Manier der hyperrealistischen Darstellung von Alltagsgegenständen, unter anderem Türen, Fenster, Treppen und Lichtschalter.

Er hat eine ganze Bildreihe der Darstellung von Türen gewidmet und erklärt dazu: „Die Tür hat isoliert keine besondere Bedeutung in meinen Bildern, aber der Raum in seinen verschiedenen Aspekten ist mein Thema und daher erhält die Tür ihre Wichtigkeit. Als Eingang bietet mir eine Tür die Möglichkeit, den Raum zu erkunden. Im geschlossenen Zustand bietet sie einen Schutzraum vor der Außenwelt – aber wie das Leben so spielt… oft versagt der Schutz.“ Daher fehlt in seinen Bildern der Tür oft das Türblatt. Die Türöffnung gestattet so ungehinderten Zugang in beide Richtungen und wird zu einer geheimnisvollen Schwelle zu ungekannten Möglichkeiten.

Einladung zum Ausflug ins eigene Selbst

Im Bild „Große Tür“ (Acryl-/Ölfarbe auf Leinwand, 75x85cm, 2009) fällt Fabian Hochscheids exquisite, detailgenaue Malweise sofort ins Auge – das Werk zeigt den Ausschnitt eines leeren Raumes, der Glanz des Bodens, detaillierte Farbschattierungen auf den Wänden sind sehr fein nuanciert dargestellt. Licht fällt aus unbekannter Quelle – ein hohes Fenster? – wie ein Hinweis, auf eine halb geöffnete, etwas altertümlich anmutende Kassettentür. Das Szenario ist realistisch und zugleich in seiner idealisierten Darstellungsweise nicht unserer Lebenswirklichkeit entlehnt. Kommt es aus einer anderen, entschleunigten Zeit? Die ‚Große Tür‘ ist uns als bildliche Erinnerung vertraut, man könnte sie in der Kindheit schon einmal gesehen haben. Gleichzeitig lädt sie dazu ein, ein Geheimnis im hinter ihr liegenden Raum zu entdecken: sie verheißt eine Reise ins eigene Bewusstsein, eine Begegnung mit sich selbst, auch einen Spiel- und Rückzugsraum für die Bilder der eigenen Fantasie. Fabian Hochscheid inspiriert hier, wie in vielen seiner Arbeiten, mit einem hochästhetisierten, an Alltagserfahrungen anknüpfenden Motiv, das aus der Vertrautheit heraus einen Spannungsbogen ins Unbekannte schlägt, dorthin, wo der individuelle Traum jedes einzelnen Betrachters beginnt…

Mehr über Fabian Hochscheid und sein Werk können Sie über die Kunstagentin Sabine Klement erfahren; einen Einblick in weitere Arbeiten des Künstlers finden Sie hier: (https://www.kunstvermittlung-klement.de/kuenstler/fabian-hochscheid/)

 

Geraubte Tür mit Streetart wiederaufgetaucht

Aktuell macht eine Tür, die ein Kunstwerk trägt, Furore. Der bekannte Londoner Streetart-Künstler Banksy soll die Tür des Pariser Bataclan-Clubs mit dem Bildnis einer verschleierten Frau besprayt haben. In dem Club fanden nach einem Terroranschlag im November 2015 neunzig Menschen den Tod. Die Tür mit dem Banksy zugeschriebenen Werk wurde im Januar 2019 gestohlen, die Täter schnitten das Kunstwerk später brachial heraus. Jetzt ist dieses Türstück in Italien wiederaufgetaucht und der Kunstraub steht vor seiner Aufklärung.